Sie trafen sich am Roten Meer und lernten sich wegen einer Tasse Anistee kennen. Sie verliebten sich und führten 3 Jahre lang eine Fernbeziehung zwischen Sharm El-Sheikh und Kairo. Es war eine sehr schöne Zeit. Dann wollten sie heiraten und eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Es war eine schwere Entscheidung, wo diese Zukunft sein sollte, aber am Ende entschieden sie sich für Österreich als Basis. Und plötzlich hatten offenbar ganz Ägypten und Österreich etwas zu diesen Heiratsplänen zu sagen:
„Was willst du als Unidozentin mit einem, der als Kellner in einem Café arbeitet? Der kann dir doch nichts bieten!“
-Bekannte in Ägypten
„Pass nur auf, dass er/sie dir nicht dann die Kinder klaut und mit ihnen ins Ausland abhaut!“
-Allgemeinheit in Ägypten und Österreich
„Der will doch nur nach Europa!“
–Österreich
„Die will doch nur die ägyptische Staatsbürgerschaft von dir!“
–Ägypten
„Hast du „Nicht ohne meine Tochter“ gelesen?“
–Österreich
„Du weißt doch, der Cousin von unserem Nachbarn, den hat seine Frau in Russland einfach auf die Straße gesetzt, nachdem sie von ihm schwanger war!“
–Ägypten
„Du lernst das sowieso nie. Du bist ein Versager.“
-Unterrichtende im Goethe-Institut Kairo
Beamter: „Ich brauche einen Meldezettel des Ehemanns, um das Ehefähigkeitszeugnis auszustellen.“
Ich: „In Ägypten gibt es keine Meldezettel.“
Beamter: „Dann kann ich das leider nicht verantworten. Ich kann Ihnen das Zeugnis nicht geben.“
-Gemeindeamt am Land in Österreich
Botschaftsbeamter: „So, dann brauchen wir noch das beglaubigte XYZ-Dokument von der XYZ-Behörde.“
Ich: „Wie bitte? Welches Dokument? Das stand aber nicht im Internet…wo bekomme ich das?“
Botschaftsbeamter zieht sich wortlos zurück.
– Österreichische Botschaft Kairo
„Wenn du die Ausländerin heiratest und ins Ausland ziehst, werde ich sterben und dir immer böse sein!“
-Ägyptische Mutter vor dem Sinneswandel
„Wir geben das Dokument ‚khiliw mawania‘ eigentlich nicht her, weil die Männer damit Ausländerinnen heiraten und dann geht es schief.“
-Mitglied der koptischen Kirche in Ägypten. Dieses Dokument braucht man in Ägypten für die standesamtliche Ehe.
„Ihre Nummer ist 382….“
„382??? Und welche Nummer ist jetzt gerade dran?“
„174. Ihre Nummer ist 382 nach den ersten Tausend.“
-Beglaubigungsbehörde des ägyptischen Außenministeriums
„Was, er bekommt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, obwohl ihr verheiratet seid??“
-Ungläubige Nachbarinnen am Land in Österreich
Oh nein, liebe Nachbarinnen, man muss nämlich, um hier in Österreich zusammenleben zu dürfen, in neutralem Behördendeutsch: für den „Aufenthaltstitel“:
- Immer genug Geld vorweisen: derzeit ca. 1470 € monatlich plus die Miete minus ca. 300 € (Wer hat das schon am Anfang eines Lebens und wenn vorübergehend nur eine Person arbeitet?)
- Immer versichert sein (Auch, wenn die Person, die neu im Land ist, noch nicht arbeitet à Mitversicherung bezahlen!).
- Eine Wohnung haben (Logisch, aber nicht so leicht leistbar zu finden. Besonders, wenn das Geld dann auch noch für den Aufenthaltstitel reichen muss und wenn man weiß, dass es viele Vermietende gibt, die nicht an AusländerInnen vermieten wollen, obwohl sie das nicht offen sagen.)
- Deutsch bis mindestens Niveau B1 in einer bestimmten Geschwindigkeit lernen (Wenn man die Geschwindigkeit einhalten will oder einfach so gerne vorwärtskommen möchte, bezahlt man die Kurse besser privat.)
- Sich integrieren und das auch mit einem Zertifikat nachweisen. (In der Prüfung gibt es unter anderem Fragen wie: „In Österreich darf der Ehemann seine Ehefrau schlagen.“…und umgekehrt. Richtig oder falsch?)
- Brav bleiben!!!
Wenn man sich dann von alldem nicht entmutigen lässt, weil man weiß, dass die andere Person das alles wert ist und weil man von der sturen/ausdauernden/zähen Sorte ist, kann man dann aber allen Widrigkeiten und behördlichen Widerlichkeiten zum Trotz folgendes stolz erzählen:
- seit 7 Jahren zusammen
- seit 4 Jahren trotz allem (oder gerade deshalb?) glücklich verheiratet
- bisher immer noch den Aufenthaltstitel bekommen
- 3 Hochzeiten, bis mit allen Familien und Freunden gefeiert war und alle Behörden zufrieden waren
Er lernt derzeit ein Handwerk, hat die deutsche Sprache bezwungen, schaut gerne Mundl, liebt Käsleberkäs und ist der Lieblingsgast der Schwiegerfamilie.
Sie erforscht ägyptische Popmusik der Unterschicht, spricht fließend Arabisch und die Schwiegermutter vertraut ihr mittlerweile soweit, dass sie mit 60 Jahren noch von ihr im Roten Meer schwimmen gelernt hat.
(Gisela und Rimon, im März 2020)
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