Es war Ende 2020, während in Europa die Corona Krise immer schlimmere Ausmaße annahm, als wir uns, wie wahrscheinlich sehr viele Paare zu dieser Zeit, über das Internet kennenlernten. Sie war zu dieser Zeit Krankenschwester in Jakarta und musste beinahe täglich in vollem Schutzanzug auf der Corona Station zum Teil sterbenskranke Menschen betreuen. Ich war hier in Österreich durch meinen IT-Job ins Home-Office „verbannt“ worden.
„Als wir uns kennenlernten, stellten wir bereits am ersten Tag fest, dass wir absolut das Gleiche von einem Partner und vom Leben wollen und es hat dann nur ein paar Video-Calls gebraucht, bis wir beide Hals über Kopf ineinander verliebt waren.“
Die Video-Calls fanden ab da täglich statt, quasi vom Aufstehen bis zum Schlafengehen, sodass wir uns trotz Zeitverschiebung fast rund um die Uhr sahen und am Leben des jeweils anderen teilhaben konnten.
Sie hat mir auch sehr früh gesagt, dass es schon seit ihrer Kindheit ihr Traum ist, nach Europa zu kommen, um hier zu leben. Einige intensive Gespräche darüber haben mir die Sicherheit gegeben, dass sie tatsächlich bereit dazu ist, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen und auch ohne ihre Familie ans andere Ende der Welt zu ziehen.
„Zu dem Zeitpunkt kannte ich allerdings nur die zahlreichen Hürden und Bedingungen für eine Aufenthaltserlaubnis für Drittstaatsangehörige, jedoch keinen Weg wie sie zu einer kommen könnte.“
Deutsch konnte sie nicht, also war die Rot-Weiß-Rot Karte keine Option. Verheiratet waren wir nicht, also war die Familienkarte keine Option. Von der EU-Aufenthaltskarte hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nie etwas gehört, und ihr indonesisches Gehalt, obwohl deutlich höher als der dortige Durchschnittslohn, war zu gering, um einen Aufenthalt in Österreich finanzieren zu können. Somit würde sie nicht einmal ein Visum zur Einreise nach Österreich kriegen.
Unsere Verzweiflung war zu dieser Zeit groß, da wir uns trotz online Fernbeziehung bereits als Paar sahen, konkrete Pläne für ein hypothetisches gemeinsames Leben und auch den Wunsch hatten, zu heiraten. Aufgeben kam für uns nicht mehr infrage und wir begannen, nach Informationen zu recherchieren.
Online habe ich dann sehr schnell „Ehe ohne Grenzen“ gefunden und schon nach wenigen, jedoch sehr langen und äußerst informativen Emails war bereits klar, dass wir ein Ass im Ärmel hatten.
„Dadurch, dass ich vor Jahren während meiner Studienzeit über das ERASMUS Programm ein Auslandspraktikum in England, damals noch EU-Mitglied, absolviert und dadurch von meinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte, war meine zukünftige Ehepartnerin ab dem Zeitpunkt der Eheschließung zum sofortigen und beinahe bedingungslosen Aufenthalt im gesamten EU-Gebiet berechtigt – Arbeitserlaubnis inklusive.“
Wenige Tage nach diesen News und nur zwei Monate nach unserem Kennenlernen habe ich ihr dann via Video-Call den Antrag gemacht, den sie überglücklich angenommen hat.
Allerdings hat sich dann sehr schnell ein neues großes Problem offenbart. Wir wollten unbedingt in ihrer Heimat Indonesien in Bali heiraten, da das einerseits mit den Dokumenten am einfachsten und für sie kein Schengenvisum nötig wäre und auch ihre Familie dabei sein könnte. Allerdings hatte Indonesien zu Beginn der Corona Krise seine Grenzen für Ausländer gänzlich geschlossen und die stufenweise Wiederöffnung war erst in eineinhalb Jahren geplant!
Für zwei weitere Hürden mussten auch noch Lösungen gefunden werden. Einerseits erschien uns das ganze Übersetzen und Beglaubigen aller Dokumente von Bahasa nach Deutsch und umgekehrt überaus kompliziert und andererseits stand immer noch die Frage im Raum, wie sie ohne ausreichende finanzielle Mittel zu einem Visum kommen sollte, selbst nach der Hochzeit.
Wir haben dann herausgefunden, dass es auf Bali zahlreiche Anbieter gibt, die Hochzeiten organisieren und sich auch um die meisten Behördenwege und die Dokumente kümmern. Einer davon hat direkten Kontakt zur österreichischen Botschaft in Jakarta und für diesen haben wir uns entschieden.
Für das Visum haben wir von Ehe ohne Grenzen die Info bekommen, dass ich durch mein mehr als ausreichend hohes Gehalt bei der Fremdenpolizei eine EVE (Elektronische Verpflichtungserklärung) für meine zukünftige Ehefrau abgeben und sie dadurch von einem Nachweis finanzieller Eigenmittel befreien könne. Somit hatten wir für alles eine Lösung und ab da wurde das Ganze für uns Corona-bedingt zum „waiting game“ …
In den eineinhalb Jahren bis zur Hochzeit haben wir zwei wunderbare mehrwöchige Urlaube in der Türkei und 2022 dann, als zumindest Bali schon wieder offen für Touristen war, auch einen Traumurlaub auf der „Insel der Götter“ zusammen verbracht. Durch unsere stressigen Jobs sind für uns auch die mehrmonatigen Wartezeiten dazwischen wie im Flug vergangen und unsere Liebe ist durch die gemeinsamen Erlebnisse und auch die (online) Teilhabe am Alltag des jeweils anderen stetig weitergewachsen.
Kurz vor der Hochzeit bin ich dann zur Fremdenpolizei in Linz, die für mich aufgrund meines Wohnorts in OÖ zuständig ist, um die EVE zu beantragen und ich war wirklich überrascht, wie professionell die Beamtin bei dem Termin war und wie schnell und unkompliziert das Ganze über die Bühne ging. Fünfzehn Minuten lang wurden alle Dokumente, die ich sauber beisammen und mitgebracht hatte, geprüft, ein paar Daten kommentarlos in den Computer eingegeben und dann erhielt ich schon den Code, den meine zukünftige Frau der österreichischen Botschaft in Jakarta mitteilen müssen würde.
Die Hochzeit selbst fand dann endlich im November 2022 statt und die Dokumente wurden alle für uns übersetzt und mit Apostille versehen, da wir dies so in unserem Hochzeitspackage inkludiert hatten. Keinerlei Aufwand für uns. Zu unserem Glück kam dann auch noch dazu, dass Indonesien Mitte 2022 dem Haager Beglaubigungsübereinkommen mit der EU beigetreten ist, wodurch eben keine Beglaubigung und Überbeglaubigung mehr nötig waren, sondern nur noch die Apostille.
„Den einzig bangen Moment gab’s dann ausgerechnet auf der österreichischen Botschaft in Jakarta bei Antragstellung des Visums. Dort hatte man offenbar noch nichts von der EU-Aufenthaltskarte und den Anforderungen dafür gehört und bestand fälschlicherweise auf einen Nachweis von Deutschkenntnissen meiner Frau.„
Da wir diesen aber nicht hatten, wurde uns durch die Blume vermittelt, dass in diesem Fall der Antrag auf das Visum wahrscheinlich abgelehnt würde.
Ich habe diesen „Experten“ dann noch in derselben Nacht vom Hotel aus ein sehr deutlich formuliertes E-Mail geschrieben, warum meiner Frau rechtlich die EU-Aufenthaltskarte zusteht und wir alle Bedingungen dafür erfüllen, und habe auch sämtliche Regierungswebseiten verlinkt, auf denen das ebenfalls glasklar steht. Auch habe ich dem Email Dokumente zum Nachweis meines England-Aufenthalts beigefügt.
Nur wenige Tage später hat meine Frau ohne weitere Rückmeldung der Botschaft ihr Visum erhalten.
Nach ihrer Ankunft in Österreich hatten wir nun noch den Gang zur BH Linz-Land vor uns, um den Antrag auf die EU-Aufenthaltskarte zu stellen. Nach allem, das ich in manchen anderen Testimonial Stories über die MA35 in Wien gelesen hatte, war ich von ungerechtfertigten Hürden über rassistische Kommentare und Diskriminierung bis hin zu einem monatelangen Katz-und-Maus-Spiel mit der Behörde auf alles eingestellt. Mit einem flauen Gefühl im Magen gingen meine Frau und ich also während der Öffnungszeiten (Termin braucht man auf der BH LL keinen) zur Niederlassungsbehörde und wir wurden in jeder Hinsicht so positiv überrascht, dass wir danach tatsächlich fassungslos, aber auch überglücklich waren!
Wir kamen sofort am Schalter dran, da keine anderen Leute vor uns warteten. Die Beamtin hat höflich gleich unsere Dokumente verlangt und nach kurzer Durchsicht bestätigt, dass alles Erforderliche vorhanden war. Wir mussten keine zehn Minuten warten, während ein paar Daten in den Computer eingegeben wurden. Dann bekamen wir schon ein kleines Zettelchen überreicht, auf dem stand, dass meine Frau ihre EU-Aufenthaltskarte nur sechs Tage später abholen kommen könne!
„Für uns war das absolut sensationell! Wir können tatsächlich alle Behörden hier in Oberösterreich, mit denen wir es zu tun hatten, nur loben!“
Überall wurden unsere Anträge sachlich orientiert, professionell und schnell bearbeitet. Nirgends wurde auch nur eine einzige Frage zu meiner Frau oder unserem Privatleben gestellt. Nirgends gab’s auch nur einen einzigen rassistischen Kommentar. Nirgends wurden wir auch nur im Entferntesten angefeindet.
Vom Zeitpunkt der Eheschließung über die Ausstellung des Visums bis hin zur Ankunft meiner Frau in Österreich und dem Erhalt des Aufenthaltstitels war für uns alles innerhalb von nur acht Wochen erledigt.
Abschließend würden wir sagen, es ist uns natürlich klar, dass wir es verhältnismäßig und im Vergleich mit vielen anderen bi-nationalen Paaren sehr einfach hatten und vielleicht sogar als Musterbeispiel gelten, wie unkompliziert der ganze Prozess ablaufen kann und sollte. Auch ist uns gegenüber den nationalen österreichischen Aufenthaltstiteln mit der EU-Aufenthaltskarte vieles erspart geblieben.
Dennoch würden wir schon sagen, dass man selbst viel dazu beitragen kann, dass alles möglichst reibungslos funktioniert. Am wichtigsten ist unserer Ansicht nach, dass man alle Dokumente sauber beisammen und im Zweifelsfall lieber einen Nachweis zu viel als einen zu wenig hat. Auch sollte zumindest der österreichische Part eines bi-nationalen Paares finanziell alles möglichst im Reinen haben, konkret ein ausreichend hohes Gehalt für ein Paar und im Idealfall keine Kredite oder sonstige finanzielle Verpflichtungen.
Theoretisch könnte man auch noch hinzufügen: Und im Idealfall lebt man nicht in Wien, sodass man es nicht mit der MA35 zu tun kriegt. Aber das wäre leider an der Realität vieler Paare vorbei.
Wir wünschen in jedem Fall allen zukünftigen bi-nationalen Paaren alles Gute und viel Mut!
„Holt Euch die Infos, die Ihr für Euren konkreten Fall braucht, von Ehe ohne Grenzen und legt dann los im Wissen, dass viel mehr möglich ist als man anfangs denkt!„
(Anonym, im Februar 2023)
Die Geschichten unserer Testimonials geben die subjektive Meinung der jeweiligen Autor_innen wieder und erheben keinen Anspruch auf Objektivität.
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