Ehe für Alle?
Aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen und die rechtliche Situation binationaler Lebensgemeinschaften in Österreich
Obwohl das Thema „Ehe für Alle“ in aller Munde ist und von der Politik verteidigt wird, ist diese keineswegs gelebte Realität. Seit 2006, dem Gründungsjahr von Ehe ohne Grenzen, hat sich die Rechtslage für binationale Familien in Österreich immer weiter verschlechtert. Die Situation drittstaatsangehöriger Familienmitglieder ist immer prekärer geworden – laufend werden die Gesetze geändert und es finden sich keine Erleichterungen darin. Unser Artikel fasst zusammen, mit welchen Problemen binationale Lebensgemeinschaften aktuell in Österreich zu kämpfen haben.
Hier findet ihr den Bericht auf Deutsch: Aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen
Hier findet ihr den Bericht auf Englisch: Current sociopolitical developments
Ehe für alle! Ehe für alle? Doch nicht für alle?
Dürfen binationale Paare heiraten, wenn ein Teil die Staatsangehörigkeit eines Landes hat in welchem es die Ehe für alle nicht gibt?
In der Zeitschrift Jus_Amandi des Rechtskomitee Lambda – RKL erfährt man: JA! Auch wenn von manchen Standesbeamt_innen das Gegenteil behauptet wird! Denn Bestimmungen des ausländischen Rechts dürfen nicht angwendet werden, wenn dadurch Grundrechte und somit grundlegende Werte der österreichischen Rechtsordnung verletzt werden.
Hier könnt ihr mehr darüber lesen:
https://www.rklambda.at/images/Jus_Amandi_2018-04_WEB.pdf
Für binationale gleichgeschlechtliche Paare gibt es Einschränkungen:
„Seit 1. Jänner dieses Jahres dürfen alle verschiedengeschlechtlichen Paare dieser Welt (!) in Österreich heiraten oder eine eingetragene Partnerschaft schließen. Gleichgeschlechtliche Paare hingegen dürfen nur dann heiraten, wenn sie die richtige Staatsbürgerschaft haben. Das beruht auf einer Empfehlung des Innenministers an die Standesämter, der, obwohl diese Empfehlung nicht verbindlich ist, auch die Stadt Wien nachkommt und damit ihre erst vor wenigen Wochen gegebenen Versprechen bricht. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs LGBTI-Bürgerrechtsorganisation, zeigt sich bestürzt über die neuen boshaften Diskriminierungen und darüber dass weiterhin jeder Millimeter vor Gericht hart erkämpft werden muss“ (Lamda).
Neue Eheverbote: „Besorgte Anfragen erreichen das RKL in letzter Zeit in großer Zahl von Paaren, bei denen ein Teil die Staatsangehörigkeit eines Landes hat, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe verboten ist. Standesämter beauskunften nämlich, dass solche Paare (beispielsweise aus einem Schweizer und einem Österreicher oder aus einer Italienerin und einer Österreicherin) nicht heiraten dürften, weil die betreffende Ehe im Heimatland eines Teils verboten ist. Und selbst rein österreichischen Paaren wird die Anerkennung ihrer im Ausland vor 01.01.2019 geschlossenen Ehen, sogar heute noch nach Einführung der Ehegleichheit in Österreich (!), verweigert. Ihre Ehe sei weiterhin in Österreich nur eine eingetragene Partnerschaft. Wenn Sie das ändern wollten, müssten sie in Österreich noch einmal neu heiraten“ (Lamda).
Im März 2019 soll dazu vom BMI eine Richtlinie herausgegeben werden. Bis dahin empfehlen wir die Stellungnahme von des Rechtskomitees Lambda (oben).
Weiterlesen:
Lamda
ORF.AT
standard.at
Mindesteinkommen 2019
Auch 2019 wurde das vorzuweisende monatliche Mindesteinkommen für den Erhalt des Aufenthaltstitels von Ehegatt_innen von Österreicher_innen erhöht. Dieses richtet sich nach den Ausgleichszulagenrichtsätzen und lautet für 2019 wie folgt:
1.398,97 € netto – pro Ehepaar
Außerdem müssen zu den 1.398,97 € noch die Mietkosten hinzugerechnet werden (wobei von der Miete eine „freie Station“ von 294,65 € abgezogen werden kann). Pro im gemeinsamen Haushalt lebenden Kind müssen 143,97 € addiert werden. Der Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende beträgt nun 933,06 € netto.
Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld können in den Mindestunterhalt eingerechnet werden, wenn das betreffende Kind in Österreich seinen Lebensmittelpunkt hat – also erst nach bereits erfolgter Zuwanderung und daher nur bei Verlängerungsanträgen. Beim Nachweis von Unterhaltsmitteln durch einen Unterhaltsanspruch ist darauf zu achten, dass dieser nicht nur rechtlich besteht, sondern dass der/die Verpflichtete den Unterhaltsschulden auch in der tatsächlichen Höhe nachkommt. Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs (sofern dieser nicht gerichtlich festgesetzt wurde) ist das pfändungsfreie Existenzminimum des/der Verpflichteten nicht zu berücksichtigen.
Was alles als Einkommen gewertet wird, kann in der Informationsbroschüre über die Unterhaltsberechnung des BM.I nachgelesen werden.